Innehalten.

Ein neuer Tag. Super. Sonnig. Surreal…

Ich stehe sehr früh auf, um ein paar Stunden nur für meine Gedanken zu haben… Jeden Morgen wieder spannend, was da herauskommt!!!

Zum Beispiel gestern – da fiel mir mal wieder auf, dass ich immer die gleichen Worte schreibe:

Straßenbeschriftung Kunstpfad Donau-Ries 2016

WO GEHST DU HIN???

Eigentlich war damit mein eigener, persönlicher Weg gemeint.

Diese Worte verfolgen mich immer noch… und fanden auch ihren Eingang in den nächsten Kunstpfad 2019, als ich eine Installation für eine Ruine erarbeitet habe (leider ist diese nicht mehr zu sehen, sie wurde Anfang des Jahres gestohlen).

Viele Stunden hatte ich damit verbracht, folgende Worte zu finden:

Installation in einer Ruine in Christgarten/Ederheim, Landkreis Donau-Ries

Hier schreib ich sie nochmal für Euch auf, damit Ihr Euch leichter tut beim Lesen:

innehalten
zwischen Himmel und Erde
Mensch
wo gehst du hin?

Wo gehst Du hin?

Ich erinnere mich an den Karfreitag vor einem Jahr, der war ebenso sonnig wie der heutige Tag, aber fast sommerlich warm. Ich saß auf der Wiese bei der Ruine, zeichnete und ließ einfach meine Gedanken schweifen. Den ganzen Nachmittag – ich glaub, ich hab sogar einen kleinen Sonnenbrand bekommen damals…

Meine Stimmung damals: Stille. Innere Ruhe. Und der überwältigende Wunsch, das öfter erleben zu können, es als Quelle zu erfahren…

Genau das erlebe ich jedes Mal, wenn ich diesen Platz aufsuche. Eine alte, wunderschöne Kapelle, meistens verschlossen, wenn man kommt… nebendran die Ruine des Lesesaals des ehemaligen Karthäuserklosters mit genau dem Fenster, für das ich die kalligrafische Textur gestaltet habe. Eine große Wiese, Wald, der Forellenbach, der dort entspringt (die Quelle eben…)… Vogelgezwitscher… und: Null Mobilfunknetz ,-)))

Vielleicht (ganz sicher!!!) macht gerade diese Abgeschiedenheit die Magie des Ortes mit aus.

Innehalten.

Mit dem Blick von heute bekommt das für mich noch eine ganz andere Bedeutung…

Das große INNEHALTEN, überall.

LockDown. Ausgangsbeschränkungen. Verordnetes Zu-Hause-Bleiben. Innehalten, ob wir wollen oder nicht… Was macht das mit den Menschen?

Was macht das mit DIR?

Was macht das mit MIR?

Wollte ich damals so viel INNEHALTEN haben…???

Hätte irgendjemand auf der Welt überhaupt für möglich gehalten, dass so viel INNEHALTEN allüberall möglich ist…? Dass wir alle INNEHALTEN???

Mit mir macht es zunächst mal: eine große Entspannung. Das Hamsterrad bleibt stehen – unendliche Möglichkeiten tun sich auf. ZEIT!!! haben wir plötzlich – jedenfalls diejenigen von uns, die nicht mehr in ihrer gewohnten Weise arbeiten können/dürfen. So viel Zeit?

Wie geht’s Euch damit? Schafft Ihr es, das INNEHALTEN als Quelle für Eure Kreativität zu nutzen? Als Gelegenheit, mal etwas ganz anderes auszuprobieren – vielleicht ohne die sonst so allgegenwärtige Zeit-Begrenzung? Einfach nur Da-Sein, Spielen, Unabsichtliches geschehen lassen… oder einfach auch GAR NICHTS zu tun, um dem INNEHALTEN wirklich Raum zu geben?

Ich muss gestehen, mir fällt das gar nicht so leicht…

Also… meine Speisekammer ist inzwischen tiptop aufgeräumt, die Schubladen in der Küche könnte ich in einem Immobilienmagazin zeigen und mein Gästezimmer ist nicht wiederzuerkennen (das verdanke ich allerdings alles zum Großteil meinem Sohn, der das Schreiben seiner Masterarbeit bis zum Geht-nicht-mehr prokrastiniert ;-)))

Ich hab sogar meine Steuererklärung fast fertig…

Warum ich das hier niederschreibe? Schreiben hilft. Auf-Schreiben macht bewusst. Kann die Sichtweise verändern. Auf das, was wirklich zählt… möglicherweise sind das nicht die Küchenschubladen, wer weiß…?

Aber vielleicht sind die Schubladen die Voraussetzung dafür, dass die Gedanken auch sortiert werden… und schauen wir einfach mal, was unten rauskommt…

Übrigens, zum Schluss noch eine sehr freudige Nachricht: Ich weiß ja schon lange, dass oben erwähnte Arbeit es in die „Letter Arts Review“ geschafft hat, DAS amerikanische Kalligrafiemagazin überhaupt – aber dass sie sogar auf dem Titelblatt in der Collage zu sehen ist… ich konnte es kaum fassen!!!

In den nächsten Tagen werde ich mal versuchen, von dem schönen Ruinentext kleine Cuts auszuschneiden mit meinem Plotter, die findet Ihr dann in meinem Online-Shop. In dem man übrigens natürlich jederzeit einkaufen kann ,-))) Zum Beispiel schönes Briefpapier…

Bleibt mir gewogen ,-)))

Und haltet einfach mal INNE.

Was zählt???

Ich werde sehr nachdenklich dieser Tage.

Mein Leben hat sich komplett verändert. Anstatt ständiger Kursvorbereitungen: gähnende Leere in meinem Kalender… und eine lähmende Unsicherheit, was die Zukunft bringen wird.

Dennoch bin ich grundsätzlich positiv gestimmt.

Geht es Euch nicht auch so? Es geraten völlig andere Dinge ins Blickfeld: Kontakte zu Familie und Freunden rutschen von ganz unten („anrufen, wenn irgendwie noch Zeit“) an die oberste Stelle der Prioritätenliste… manchmal hab ich das Gefühl, ich telefoniere den halben Tag! Und mir wird klar, wie riesig mein Netzwerk ist… ich komme nicht nach, nicht mal in diesen arbeitsmäßig reduzierten Zeiten, mich um alle zu kümmern, die mir am Herzen liegen.

Liegt auch daran, dass ich – zu meiner großen Freude – sehr lieben Besuch habe. Mein Jüngster und seine Freundin sind quasi bei mir „eingezogen“. Was für ein anderes Leben… anstatt Frühstück vor dem Bildschirm: Frühstück in netter Runde mit gedecktem Tisch. Anstatt Abendessen mit Leftovers von vorgestern aus der Mikrowelle, weil einfach noch so viel zu erledigen ist: ausgiebiges Kochen. Planen der Mahlzeiten Tage im voraus… das Dinner ist das Highlight des Tages ,-))) So sollte Leben, ehrlich gesagt, immer aussehen…!

Aber auch: Wesentlich weniger Zeit zum Nachdenken. Weniger Allein-Zeit. Ehrlich: darüber bin ich im Moment sehr froh, denn am ersten Wochenende, als die Situation so richtig ernst und beklemmend wurde, war ich allein und hatte die Befürchtung, dass ich das jetzt über Wochen bleiben würde… Denkt bitte mal an die in Eurem Bekanntenkreis, die alleine leben und das jetzt auch möglicherweise weiter so tun. Gar net lustig, ich sag’s Euch… die sollten auf der Anruf-Liste auf jeden Fall ganz nach oben rutschen…

Wenn das alles so einfach wäre…

Dennoch, was mich sehr bestimmt, ist die Sorge um meine Lieben. Und auch alle anderen lieben Menschen auf der Welt. Ein erheblicher Teil meiner Familie arbeitet im Gesundheitssektor, teilweise direkt „an der Front“. Andere gehören zu Risikogruppen. Und ich lebe hier gerade unter einem Dach mit einem „Berufs-Pessimisten“ – mein jüngster Sohn hat schon seit Januar genau das vorausgesagt, was nun nach und nach eintritt… Er hält uns auf Trab mit den neuesten Nachrichten, und wir diskutieren ausgiebig und sehr detailliert… Möglicherweise wusste ich bereits im Februar mehr über Corona als viele Menschen zum jetzigen Zeitpunkt…

Und das macht auch klar, was wirklich wichtig ist: Wir MÜSSEN diese Kurve in den Griff bekommen. Und wir MÜSSEN unseren Fokus darauf legen, WAS WIRKLICH ZÄHLT.

Klar, auch mein Business hängt immens davon ab, ob Menschen nach dieser Krise überhaupt noch Geld haben für solche schönen Dinge im Leben… (ich sehe da inzwischen sehr schwarz).

Aber Geld ist halt nicht alles.

Und der Job ist auch nicht alles.

(auch wenn’s mir oft so vorkommt…)

Ich weiß nicht, woher ich diese Zuversicht nehme: aber irgendwie wird immer alles weitergehen… Vor etwa zehn Jahren habe ich mein Leben komplett umgekrempelt und nochmal ganz von vorne angefangen. Dabei hab ich die Erfahrung gemacht: Keine Angst, EINFACH MACHEN! Es wird funktionieren.

Das kann ich also wieder tun. Einfach von vorne anfangen. Wie auch immer, wo auch immer… und mir wird sehr klar (darüber hab ich allerdings in den letzten Jahren sowieso schon sehr viel nachgedacht): Was zählt, ist, was Dich als Person ausmacht. Viel davon sind bei mir natürlich meine kalligrafischen Skills… die nimmt mir keiner weg, die kann ich immer mitnehmen, egal wohin und egal, unter welchen finanziellen Bedingungen. Selbst wenn ich als Aushilfe in einer Bar arbeiten muss (wovon man ja zurzeit gerade nur träumen kann ,-))). Ich werde mich immer über die Schrift ausdrücken können… und das wird mich immer glücklich machen.

Also, Leute… MACHT was. Wusstet Ihr, dass ich von der Berufsausbildung her Ergotherapeutin bin? Diese Berufsauswahl kam nicht von ungefähr, sondern aus meiner tiefsten Überzeugung und Erfahrung heraus: TUN tut dem Menschen einfach gut. Und zwar analoges Tun – also:

Macht was mit Euren Händen!

Das tut gut. Das bringt Euch runter, das beruhigt die aufgewühlten Nerven…

Und klar, dass ich da jetzt mit solchen Schreib-Ideen komme – sorry, ich kann nicht anders ,-)))

Schreibt einen Brief. Lange nicht mehr gemacht? Ganz einfach: Lieblingsstift rausholen, einen Bogen Papier… und dann einfach die Gedanken aufs Papier fließen lassen… Ihr werdet sehen, da kommt was anderes raus, als wenn Ihr mit dem Computer schreibt. Auch wenn ich meinen Computer und alle meine technischen Gadgets sehr liebe:

ANALOG ist anders!!! Es holt andere Inhalte aus Dir raus, wenn Du mit einem Stift schreibst, als mit einer Tastatur. Einfach mal ausprobieren.

einfach mal was abgeschrieben: aus den „Liebesbriefen großer Männer“, Franz Marc an Felice Bauer, 1912

Oder: hast Du ein Tagebuch? Lange vernachlässigt? Erzähl dem doch einfach mal, wie es Dir geht… wie Dein Tag jetzt aussieht, was anders ist als vorher… Deine Sorgen, Ängste, Nöte… Denk nur, wenn Deine Urenkel dieses Tagebuch in 100 Jahren ausgraben, wie spannend das für sie sein wird in einer dann komplett veränderten Welt!!!

wie fühlst Du Dich?

Oder: Einfach mal die Feder rausholen.

Klar kann man auch einfach kalligrafische Übungen machen. Das halte ich mit für das Beruhigendste überhaupt. Buchstabe für Buchstabe, Konzentration auf die Bewegungen… Formen… alles andere um sich rum vergessen…

da war doch dieser Online-Kurs mit Yves Leterme… Trajans Online… gut, ich hätt vielleicht nen anderes Wort nehmen sollen zum Üben… ,-)))

Ich selbst hab ein neues Skizzenbuch begonnen, in das ich jeden Tag reinschreib, was einfach so aus mir rausquillt. Daraus stammen auch einige der Abbildungen in diesem Block. Ungefiltert.

Und jetzt? Meine Pläne.

Während ich das alles hier so zu Papier bringe (äh, oder eher auf den Bildschirm…!), wird mir ziemlich klar, dass Ihr dabei vielleicht eine kleine Unterstützung braucht.

Für die Kleinen.

Ich möchte heute noch anfangen, etwas für die Kids auf den Weg zu bringen, die daheimsitzen und sich langweilen. Vorletzte Woche noch war ich in Andechs an der Grundschule (noch nicht mal zwei Wochen her??? Unglaublich…!) und habe eine Projektwoche mit den Klassen 1-4 durchführen dürfen. Dabei hab ich wieder mal (und das war höchste Zeit…) gemerkt, wieviel Spaß die Kids an der Schrift haben, wenn sie einfach mal experimentieren dürfen… wie ruhig und konzentriert sie arbeiten können…

Schreibt mir, wenn Ihr daran Interesse habt! Aber nicht böse sein, wenn ich nicht allen antworten kann… für mich ist einfach wichtig, das generelle Interesse abzuschätzen. Gerne dürft Ihr diesen Blogartikel natürlich auch weiterleiten.

Für die Großen.

Aber vielleicht braucht Ihr Erwachsenen auch was? Bereits in Planung ist bei mir ein Online-Kurs zu einer Anfängerschrift. Einfach so, Umgang mit Feder & Tinte. Ich muss nur noch die technisch richtige Lösung finden.

Im Kopf herum spukt mir aber auch das Arbeiten mit der Handschrift… und natürlich könnt Ihr mich nach wie vor für Einzelcoachings buchen, auch wenn wir da dann eben auch erst die richtige technische Lösung für uns finden müssen.

SORRY! Ich bin einfach nicht schnell genug. Aber ich verspreche Euch, daran zu arbeiten, denn:

Mir ist das Arbeiten mit Menschen einfach auf den Leib geschrieben. Es fehlt mir jetzt schon, und ich möchte damit weitermachen. Wie auch immer, wann auch immer.

Und jetzt: Stay safe. Stay at home. Versucht, diese andere Art zu leben zu akzeptieren – das ist das Beste, was wir tun können. Ändern können wir’s eh nicht… Ich weiß, für diejenigen von Euch, die in einer kleinen Wohnung zusammen mit den Kindern zuhause hocken, ist es extrem schwierig.

Und für diejenigen, die arbeiten müssen/dürfen, ist es vielleicht noch schwieriger: Homeoffice unter schwierigen Bedingungen, Arbeit im Krankenhaus oder einer Arztpraxis (dazu möcht ich gar nichts schreiben…!!!), an der Supermarktkasse mit viel Kundenkontakt und ständiger Sorge…

Allen diesen Menschen bin ich unendlich dankbar.

Und für die anderen möchte ich ein bisschen Abwechslung in den Alltag bringen! Also, folgt meinem Blog, es wird weitere Ausgaben geben, das ist etwas, was mir schon seeeeehr lange im Kopf herumgeistert. Und heute kam’s einfach aus mir raus…

Übrigens, ein Gutes hat die ganze Sache auch, so verrückt wie es klingt: Ich hab in meinem Leben schon lange nicht mehr so viel GELACHT!!!!!!!!!!!!! Schwarzer Humor in unserer „Mini-WG“ – soooo gut…

Und jetzt: Bleibt gesund. Auch wenn Ihr das vielleicht schon nicht mehr hören könnt.

Bis bald.

Gertrud von www.schreib-weisen.com